Freitag, 12. April 2013

Hoch damit - Der Military Press


Vermutlich gibt es keine Übung, die so klar zeigt, aus welchem Holz Du geschnitzt bist, wie der Military Press mit einer Kettlebell.
Anfänger können die Faszination dieser Übung meist nicht nachvollziehen. Was soll schon schwer daran sein, seinen Arm mit ein bisschen Gewicht daran senkrecht über den Kopf zu stecken? - Genau hier liegt das Missverständnis: mit ein bisschen Gewicht ist die Übung denkbar unspektakulär. Wie Mark Reifkind es formuliert: "everything is easy - till it gets heavy". Wer vom Military Press spricht, der spricht über Gewichte von etwa 50 % des Körpergewichts bei Männern bzw. 30 % des Körpergewichts bei Frauen. Alles was darunter liegt ist "Cardio" - wie Pavel es formulieren würde.

Das Beast: 48 kg die gedrückt werden wollen.


Kommt man aber in den oben genannten Bereich, merkt man schnell wie viel einem diese scheinbar einfache Übungen einem über den eigenen Körper beibringen kann. Jede neue Kugel ist eine neue Herausforderung und kann Dir Neues über Deinen Körper, das Zusammenspiel Deiner Muskeln und Deine ganz persönlichen Schwachstellen verraten - wenn Du mit gesundem Menschenverstand und Geduld daran gehst sie zu meistern.


Vier Regeln für einen starken Press:


Dein Press ist immer nur so gut wie Dein Clean

Der Clean, also das in die Rack-Position bringen der Kettlebell, ist eine technisch etwas knifflige Übung. Ziel ist es, das Gewicht der Kettlebell dafür zu nutzen, Dich mit dem Gewicht der Kugel aufzuladen. Du leitest sozusagen die Kraft der Kugel durch Deinen Körper in den Fussboden - und erhöhst damit die Anspannung im ganzen Körper. Ein guter Clean ist als würde die Kettlebell in die Rack-Position "einrasten" - stell Dir vor, jemand würde versuchen, Dir die Kettlebell unmittlebar nach dem Aufnehmen, zu entreissen. Wenn Du daran arbeitest die nächst schwerere Kugel zu pressen - übe den Clean mit einer noch schwereren Kugel.

Finde den optimalen Groove

Wenn Du eine für Dich sehr schwere Kugel in der Hand hast, ist nicht der richtige Zeitpunkt, um die Feinheiten des Military Press zu erkunden. Übe zunächst solange mit einer moderat schweren Kugel bis jeder Deiner Presses exakt gleich aussieht. Um den optimalen Groove (= Weg den die Kettlebell während der Übung nehmen soll) zu finden funktioniert es gut, wenn Du zunächst den sogenannten Bottom Up Press übst (nimm eine leichte Kugel): dabei steht die Kugel auf dem Kopf, während Du sie drückst.
Grundsätzlich kann man sagen, dass der Groove optimal ist, wenn Dein Ellenbogen während der gesamten Übung exakt unter dem Massenmittelpunkt der Kugel bleibt.

Je stabiler das Fundament umso stärker der Press

Dass grosse, schwere Gebäude ein starkes Fundament brauchen, haben die Baumeister schon vor Jahrhunderten erkannt. Dass das gleiche auch gilt, wenn Du schwere Lasten bewegen willst, ist seltsamerweise nicht jedem klar. Besser gesagt ist den wenigsten klar, wie sie dieses Fundament schaffen. Schuhe mit gepolsterten Sohlen (Jogging Schuhe) verschlechtern Deinen Bodenkontakt und damit Deine Standfestigkeit so sehr, dass sie objektiv gesehen ein Verletzungsrisiko darstellen. In der RKC gilt die Regel, dass wir niemanden trainieren, der sich weigert, sein ungeeignetes Schuhwerk auszuziehen. Den besten Kontakt hast Du barfuss - und wenn das nicht geht, achte auf die dünnst möglichen Sohlen.Ich nutze seit Jahren die Vibram Five Fingers, wenn ich mal in einem Studio bin in dem ich nicht barfuss trainieren kann oder will.
Aber der ungestörte Kontakt zu Mutter Erde alleine sorgt noch nicht zwangsläufig für einen starken Press - es ist ebenfalls wichtig, den richtigen Stand zu haben. Stehst Du zu schmal, leidet Deine Balance und Du kannst nicht Dein ganzes Kraftpotential ausschöpfen. Stehst Du wiederum zu breitbeinig, kannst Du Dich nicht richtig anspannen und verlierst auch wieder Kraft. Für die meisten Leuten liegt die optimale Breite irgendwo zwischen Hüft- und Schulterbreite - die exakte Breite ist individuell je nach Körpergeometrie und somit Erfahrungssache.
ACHTUNG: Wenn Du nicht beängstigend breite Schultern hast bzw. mit winzigen Kugeln trainierst, musst Du Deine Standbreite reduzieren, bevor Du drückt - übe das, damit Du dabei nicht die Spannung verlierst.
Eine weitere unerlässliche Technik für einen starken einseitigen Press ist es, Deine Hüfte unter die Kugel zu bringen.

Kraft = Anspannung

Wenn es beim Military Press ans Eingemachte geht, dann ist entscheidend wie groß der Prozentsatz deiner Muskeln ist, den Du willentlich anspannen kannst. Muskelmasse ist nicht ausschlaggebend. Unser Master RKC Max Shank, der im September in München den ersten RKC Instruktoren Kurs auf deutschem Boden abhalten wird, drückt bei einem Körpergewicht von 82 kg zwei Beasts (48 kg Kettlebell) - eine stolze Leistung.





Wie kannst Du also diesen Prozentsatz maximieren? Dafür nutzen wir in der RKC sogenannte Spannungs-Techniken (Tension-Technics). Davon gibt es eine ziemlich grosse Anzahl, viele sind universell einsetzbar - andere funktionieren nur bei bestimmten Übungen.
Die einfachste und universellste ist den Gesäßmuskel bewusst maximal anzuspannen.

Selbstversuch: Nimm dir eine moderat schwere Kettlebell und drück sie (aufwärmen etc. muss ich nicht extra erwähnen - stimmt's?), stell ab, warte 30 Sekunden und drück sie noch mal - dieses mal spannst Du in dem Moment in dem du beginnst zu drücken deinen Po so fest an, dass Du das Gefühl hast gleich einen Krampf zu bekommen. Fühlst sich schön leicht an - oder? aber es ist das gleiche Gewicht.

Nach diesem kleinen Versuch hast Du jetzt vielleicht das Gefühl solche Tension-Technics sind so etwas wie Zauberei und wenn Du nur genügend davon aus Pavel's Büchern zusammenklaubst, bist Du stark wie ein Ochse - leider ist es nicht ganz so einfach. Unser Hirn ist ein recht limitiertes Werkzeug. Maximal sieben verschiedene Dinge kann der Durchschnittsmensch gleichzeitig berücksichtigen. Wenn Du dazu noch eine schwere Kettlebell in der Hand hast, reduziert sich diese Zahl auf maximal drei bis vier. Was tun? Den Einsatz von Tension-Techniken musst du üben, wie alles andere auch. Nimm dir eine nach der anderen vor und übe sie solange bis sie Dir zur zweiten Natur wird. Erst jetzt kannst Du Dir sicher sein, dass Du sie in einer Stresssituation - und glaube mir, der erste Clean mit dem Beast ist solche - automatisch einsetzt. Wenn Du eine gemeistert hast, nimm dir die nächste vor. So vergrößerst du nach und nach die Anspannung in deinem gesamten Körper und kannst immer mehr Kraft ausüben.





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Übersetzung von mir persönlich überarbeitet.


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